Enzymatische Entschlichtung

Wie im Artikel Schlichten und Entschlichten beschrieben, ist für wasserunlösliche Schlichten auf Basis von Stärke die enzymatische Entschlichtung das mit gängigste Verfahren.

 

Enzymatischer Abbau

Native Stärken bilden auf der Faser einen nahezu wasserunlöslichen Film. Durch die enzymatische Entschlichtung werden die Polysaccharide zu niedermolekularen, wasserlöslichen Glucosen abgebaut.

Das Prinzip der enzymatischen Entschlichtung beruht auf der Spaltung der Stärke mittels Enzymen vom Typ Amylasen.
Je mehr Enzyme vorhanden, desto mehr Stärke wird abgebaut.

Man unterscheidet in

  • α-Amylasen
    • Werden auch als Endoamylasen bezeichnet
    • Abbau erfolgt überall am Stärkemolekül unter Bildung sehr kleiner Bruchstücke.
    • Viskosität nimmt sehr schnell ab
    • Es entsteht Dextrin
    • Parameter für die HT-Entschlichtung: 50-60 sec bei 110°C
  • β-Amylasen
    • Werden auch als Exoamylasen bezeichnet
    • Abbau erfolgt am Stärkemolekül vom Kettenende her bis zu den Verzweigstellen zu langkettigen löslichen Dextrinen
    • Viskosität nimmt nur langsam ab
    • Stärke wird aber sogar bis zur Glucose abgebaut

 

Die Reihenfolge des enzymatischen Abbau wie folgt

Schritt Produkt Wasserlöslichkeit Jod-Test auf Stärke Viskosität
1 native Stärke unlöslich + Positiv sehr hoch
2 abgebaute Stärke löslich + Positiv hoch
3 Dextrin löslich – negativ niedrig
4 Maltose löslich – negativ sehr niedrig
5 Glucose löslich – negativ sehr niedrig

Der Schritt 5, den Abbau von Maltose zu Glucose mit Maltasen ist für die Entschlichtung unnötig, da das lösliche Dextrin gut auswaschbar ist.

Der Abbauvorgang gibt sich durch 3 Merkmale zu erkennen:

  1. Die Viskosität des Stärkekleisters nimmt ab
  2. Die Reduktionskraft der Abbauprodukte nimmt zu
  3. Jod-Test verändert sich von blau (+ positiv) über violett zu braun (- negativ)

 

Verwendete Enzymarten

  1. pflanzliche Enzyme    – Malzamylasen
  2. tierische Enzyme       – Pankreasamylasen
  3. bakterielle Enzyme    – Bakterienamylasen (Aspergillusamylase)
  4. Pilzenzyme               – Pilzamylasen

 

Optimales Wirkungsspektrum der Amylasen

Enzyme Malzamylase Pankreasamylase Bakterienamylase
optimaler pH-Bereich 4,5 – 5,2 6,8 5,4 – 7,0
maximale pH-Werte 2 – 8 4,5 – 9 2,0 – 9,0
optimale Temperatur 60 – 65°C 50 – 55°C 65 – 70°C
maximale Temperatur 85°C 60 – 65°C 90°C
Einsatzmenge 3 – 20 g/l 1 – 3 g/l 0,5 – 1 g/l
Abbauzeit bei Raumtemperatur 3 – 12 h 1 – 6 h 0,5 – 6 h

Es sind auch Bakterienamylasen im Einsatz, die noch bei Kochtemperaturen (HT-Enzyme) wirksam sind

Hinweis:
Verzweigte Polysaccharide wie Tapioka-Stärke und je nach Alterungsgrad werden durch Enzyme nur schwer abgebaut. Hier empfiehlt sich eine oxidative Entschlichtung.

 

 

Rezepturempfehlung für die enzymatische Entschlichtung

Richtrezeptur

  • x g/l Enzym
  • 3-5 g/l enzymverträgliches Netz- und Waschmittel, enzymverträglich und gute Netzeigenschaften
  • 1,0 g/l Netz und Entlüftungsmittel zum Erzielen einer möglichst hohen Flottenaufnahme
  • 2,0 g/l NaCl als Aktivator, wenn nicht bereits im Handelsprodukt enthalten
  • eventuell Essigsäure zum Einstellen eines pH-Wertes zwischen 6-7

Oftmals werden in der Weberei großzügig Nachwachsmittel bei schlecht laufenden Ketten verwendet, welche dann besonders gute Netzmittel in der Entschlichtungsflotte benötigen.

Verfahrensparameter

  • Klotzen bei 40-60°C und maximaler Flottenaufnahme (mindestens aber 80%)
  • Verweilen 4-24 Stunden
  • Auswaschen mit Temperaturprofil: 90°C / 80°C / 60°C / 40°C

Im Imprägniertrog nach der Senge liegt die Tauchzeit auf Grund der hohen Senggeschwindigkeit von bis zu 170m/min oft im Sekundenbereich. Auch hier wird ein besonders schnell und gut wirkendes Netzmittel empfohlen.

 

Optimale Bedingungen für die enzymatische Entschlichtung

  1. Abwesenheit von Enzymgiften
    • Geringe Menge an Cu2+, Zn2+, Fe, Ni, Hg können die Enzymaktivität sogar fördern, doch beim Überschreiten einer Grenzkonzentration tritt eine enzymschädigende Wirkung ein
    • Schlichten enthalten oft die genannten Schwermetalle zur Konservierung
    • Konservierungsmittel wie Salicylsäure wirkt schädigend, aber Phenol und Formaldehyd nicht
  2. Abwesenheit von Oxidationsmitteln
  3. Abwesenheit von bestimmten Netzmitteln
    • besonders kationische Tenside haben eine Wirkung als Enzymgift
    • Anionische Tenside (sulfierte Öle, Fettalkoholsulfate, Fettsäurekondensationsprodukte) haben keine Wirkung auf die Enzymaktivität
    • Nichtionische Tenside können wegen dem Netzeffekt steigernd auf die Entschlichtung wirken
  4. Anwesenheit von Aktivatoren
    • besonders Kochsalz (NaCl) verbessert die Wirkung bis zu 100%.
    • NaCl ist deshalb oft schon in den Handelsprodukten als Stabilisator enthalten
    • Ca2+ und K+ wirken aktivitätssteigernd auf Enzyme
  5. Geeigneter pH-Wert
  6. Geeignete Temperatur

 

Quelle: eigene Unterlagen, BASF Veröffentlichungen

1 Kommentar zu Enzymatische Entschlichtung

Schreibe einen Kommentar