Schlichten
Schlichten und Entschlichten müssen kostenmäßig, verfahrenstechnisch und ökologisch als Einheit betrachtet werden. Die Wirtschaftlichkeit einer Weberei ist in erster Linie vom Webnutzeffekt abhängig. Damit ist es aus Sicht des Webers verständlich, wenn ihm sozusagen jedes Mittel recht ist, das hilft, den Webnutzeffekt zu steigern.
Vor dem Webprozess werden die Kettfäden geschlichtet um folgende Eigenschaften zu erhalten:
- Erhöhung der Zugfestigkeit des Kettfadens, damit sie die Längszugspannung beim Weben besser aushalten
- Erhöhung der Scheuerfestigkeit des Kettfadens durch Glättung, damit weniger Reibung beim Weben entsteht
Der Veredler muss aber erkennen, dass der Webnutzeffekt im Vordergrund aller Überlegungen steht und er die Vorbehandlung den vorgelegten Geweben anpassen muss. Eine Umstellung der Schlichterei wäre außerdem viel aufwändiger und kostspieliger als die Anpassung des Entschlichtungsrezeptes an die vorliegenden Schlichten.
Einteilung der Schlichten
Die Einteilung der Schlichtemittel aus Sicht des Veredlers erfolgt nach der Löslichkeit
- Wasserunlösliche aber abbaubare Schlichten
- Schlichten basierende auf Stärke gewonnen aus Kartoffeln, Mais, Reis, Weizen, Sago oder Tapioka
- Pflanzengummi (Galactomanan) wie Gummiarabikum, Senegalgummi, Tragantgummi, Johannesbrotkernmehl
- Moos und Algen wie Moosstärke und Natriumalginat
- Pektin
- Harze
- Wasserlösliche Schlichten
- Synthetische Schlichten
- Acrylat basierend auf Acrylsäure, Methacrylsäure, Acrylsäureestern oder Ayrlynitril + Acrylsäureestern
- Polyvinylverbindungen (PVA) wie teilverseiftes oder vollverseiftes Polyvinylacetat mit Crotonsäure, Copolymerisate mit Vinylacetat
- Maleinsäure-Copolymere mit Styrol, mit Ethylvinylether, mit Butadien
- Polyethylenglykol-Copolymere mit Isophthalsäure
- Stärke-Derivate, die je nach Polymerisationsgrad mehr oder weniger wasserlöslich sind
- Dextrine
- Stärkeether wie Hydroxipropylstärke oder Hydroxiethylstärke
- Stärkeester wie CMS (Carboximethylstärke), Phosphatstärke oder Carbamat-Stärke
- Celluloseester wie Methylcellulose oder Carboximethylstärke
- Synthetische Schlichten
- Wasserunlösliche Schlichten
- Spezielle Acrylatschlichten für Polyester
Zusammensetzung von Schlichten
- Klebe und Stärkemittel
die in die Hohlräume der Faser eindringen und für die verbesserte Festigkeit und Glätte sorgen - Aufschlußmittel für Stärke
Bei Stärkeprodukten werden Produkte zur Korrektur der Viskosität der Stärke eingesetzt, damit die Stärke besser ins Faserinnere eindringen kann - Mittel zum Weichmachen
Wachse, Öle, Fette, Talg oder Seife, welche den Faden geschmeidig halten - Wasseranziehende Mittel
Diese hygroskopischen Mittel geben dem geschlichteten Garn die durch die Trocknung entzogene natürliche Feuchtigkeit wieder. Zum Einsatz kommen Glyzerin und Kochsalz - Antiseptische Mittel
Verhüten das Sauerwerden der Schlichte und Schimmelbildung der Kette. Verwendet werden Zinkchlorid, Zinkvitriol, Pentachlorphenol, Cu-Salze der Stearin- oder Palmitinsäure. Hier besteht die Gefahr der Katalytschäden in der Peroxidbleiche.
Entschlichten
Die Art der eingesetzten Schlichte bestimmt das Verfahren der Entschlichtung. Für den Veredler ist es deshalb wichtig, wenn Rohgewebe mit den Informationen über die eingesetzten Schlichte zur Verfügung gestellt werden. Dadurch können in der Vorbehandlung unnötige Fehler bei der Entschlichtung vermieden werden.
Die Auflagen an Begleitstoffen auf einen Baumwollkettgarn:
- ca. 4% Fette, Öle, Wachse und Metallabrieb
- bis 20% Schlichte
- bis 10% Faserbegleitstoffe wie Hemicellulose, Pektine, Proteine, Samenschalen, Fruchtkapseln, farbige Substanzen und Salze
Entschlichtung-Verfahren
Die Einteilung der Entschlichtungsverfahren erfolgt wiederum nach der Löslichkeit:
- Wasserunlösliche Schlichten
- Enzymatisches Entschlichten
- Oxidatives Entschlichten
- beim alkalischen Abkochen
- bei der Peroxidkaltbleiche (Persulfat-Bleiche)
- bei der Peroxidheißbleiche (Peroxid-Bleiche)
- Hydrolytisches Spalten durch Alkali
- beim Beuchen
- beim alkalischen Abkochen
- Wasserlösliche Schlichten
- Vorquellen und Waschen
Folgende grundsätzliche Punkte sind beim Entschlichten einzuhalten:
- Optimalen pH-Bereich einhalten
- Optimale Temperatur einhalten
- Möglichst hohe Flottenaufnahme erzielen, damit eine optimale Quellung der Schlichte erfolgt
- Auf vollständige Entschlichtung durch achten (Nachweis auf Restschlichte durchführen)
- Vermeiden von Falten und Knitter während des Entschlichtungsprozess
- Optimale Spannung bei Aufwickeln der nassen Ware, denn zu locker gewickelte Kaulen können später beim Verweilen durch die Rotation zur Seite rutschen
Quelle: eigene Unterlagen, Veröffentlichungen der BASF
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